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Workshop zu den Frankfurter Auschwitz-Prozessen mit Fabienne Diehl im Auftrag des Fritz-Bauer-Instituts
Das Fritz-Bauer-Institut bietet für Schulklassen einen Workshop an, in dem es um die Bedeutung der Frankfurter Auschwitz-Prozesse von 1963-1965 geht. (https://www.fritz-bauer-institut.de/)
Workshop-Leiterin Fabienne Diehl
Es war ein besonderer Workshop, einmal, weil unsere Workshop-Leiterin, Fabienne Diehl, uns mit sehr vielen besonderen Informationen, Fotos, Filmausschnitten, Tonbandausschnitten, Zeugenaussagen, Stellungnahmen der Angeklagten, Problemen der Beweisführung, Hürden der Rechtsprechung konfrontierte, die erschütternd waren, offenbarten sie doch die ungeheure Kluft zwischen dem Leid der in Auschwitz Inhaftierten und der Kaltblütigkeit und Ignoranz der Angeklagten, die sich für ihre menschenverachtenden und brutalen Taten nicht verantwortet haben.
Zum anderen haben wir wichtige Fakten über die Praxis der damaligen und späteren Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem Holocaust erfahren. Staatsanwälte, Richter, Verteidiger bewegten sich Anfang der 60er Jahre in einem Rechtsrahmen, der es nicht erlaubte, den Holocaust als eine Tat zu bewerten, wonach jeder und jede, der oder die an diesen Taten beteiligt war, als Mittäter/in zu betrachten sei. Stattdessen musste es darum gehen, jedem einzelnen Angeklagten eine Einzelschuld nachzuweisen.
Fabienne Diehl hat uns in ihrer konzentrierten und klaren Art einen Weg gezeigt, der eine Struktur und Übersichtlichkeit bot, um diese Prozesse in ihrer Vielschichtigkeit zu begreifen.
Nach einer ersten Phase im Plenum, in der es um den historischen Hintergrund und Kontext rund um Fritz Bauer und sein Engagement für die Prozesse ging, wurden wir in drei Gruppen eingeteilt, die aus einer jeweils anderen Perspektive, die Prozesse wahrnahmen.
Drei Perspektiven auf die Prozesse
Die erste Gruppe erhielt Materialien, die es ihr erlaubte, die Prozesse aus der Sicht der Zeugen (in der Regel Überlebende des Holocaust) nachzuvollziehen. Einer zweiten Gruppe wurden Materialien (viele Fotos) vorgelegt, die die Zeugenaussagen und Verteidigungsreden aus der Sicht der Richter beurteilen sollten. Eine dritte Gruppe versuchte, die Sicht und Argumentation der Angeklagten nachzuvollziehen.
Gruppe 1: Die Zeugenaussagen
Für die zum Teil aus Israel, Ungarn. Polen eingereisten ehemaligen „KZ-Häftlinge“, die den Holocaust überlebt hatten und von der Staatsanwaltschaft des Auschwitz-Prozesses als Zeugen ausfindig gemacht wurden, war es oft eine Qual, sich an die genauen Details ohne jeden Zweifel zu erinnern und ebenso qualvoll mussten sie es empfunden haben, wenn die Verteidiger der Angeklagten ihre Aussagen als falsch und haltlos abwiesen.
Gruppe 2: Die Beweislage
Für die Staatsanwälte und Richter ging es darum, für einzelne Straftaten lückenlose und eindeutige Beweise zu finden. Dies war nach der langen Zeit sehr schwierig, zumal in den letzten Tagen vor der Befreiung der Konzentrationslager viele Beweise vernichtet worden waren.
Auf Fotos mussten SS-Angeklagte eindeutig wiedererkannt werden, Straftaten mussten von Zeuginnen und Zeugen eindeutig und mit präzisesten Angaben zu Ort, Zeit und Tathergang benannt werden, jede kleinste Abweichung in der Erinnerung ließ Zweifel an der Stichfestigkeit der Zeugnisse aufkommen.
Gruppe 3: Die Verteidigung
Die Angeklagten hatten jede Menge Verteidiger, deren Ziel es war, die individuellen Schuldnachweise ihrer Mandanten zu entkräften und da, wo dies nicht möglich war, ihr Handeln als Ausführung eines Befehls darzustellen, für den sie keine Verantwortung trugen.
Unter den 22 Angeklagten gab es keinen, der sich für seine Taten entschuldigte bzw. diese anerkannte.
Der gesamte Prozessverlauf ist in Schrift und Ton dokumentiert: Tonbandmitschnitte des Auschwitz-Prozesses (1963–1965): https://www.auschwitz-prozess.de/
In einem Schlussgespräch unterhielten wir uns über die Bedeutung dieser Prozesse für die damalige westdeutsche Bevölkerung, aber auch für heutige junge und ältere Menschen.
Für ihre Mühe, ihre spannende Gestaltung und ihre freundliche und verbindliche Art, mit uns diesen Workshop durchzuführen bedanken wir uns ganz herzlich bei Fabienne Diehl.
Die Studierenden der Klassen Q3A und Q3B am Abendgymnasium Frankfurt im November 2024